Ein Jahr vor Paris 2024 durften die U19-Ruderinnen und Ruderer das olympische Wasser im Stade Nautique du Vaires-sur-Marne bei der Juniorenweltmeisterschaft testen. Das deutsche Team holte die meisten Medaillen mit 2x Gold und 5x Silber. Aus Dresdner Sicht lautet die Bilanz 1x Weltmeister, 2x Vizeweltmeister und einen 4. Platz.
Wetterkapriolen bringen Regattaplan durcheinander
„Paris erlebt aktuell die stärksten Sommerniederschläge seit über 20 Jahren.“ Hieß es jüngst aus dem Büro der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo in Bezug auf die Absage des Freiwasserschwimmens in der Seine. Starkregen, Wind und durchziehende Gewitterfronten wirbelten auch den Regattaplan der Juniorenweltmeisterschaft ordentlich durcheinander. So wurde der Zeitplan von ursprünglich 5 Renntagen auf 3 Tage verkürzt. Die Halbfinals und Finals fanden alle am Samstag statt.
Insbesondere das deutsche Team meisterte die anspruchsvollen Bedingungen sehr gut. Auch im letzten Trainingslager in Berlin-Grünau hatten sie mit Wind und Regenwetter zu kämpfen. Sie waren also bestens vorbereitet auf den Kampf mit den Elementen und mit den internationalen Konkurrenten.
„Die rudern fast wie Maschinen“
Der Junioren-Doppelvierer mit Cornelius Conrad (Dresdner Ruder-Club 1902 e.V.), Kjell Richter (Kappeln), Oscar Krause (Ratzeburg) und Lorenz Grimm (Schweinfurt) präsentierten sich bei der JWM bärenstark. Schon im Vorlauf und Halbfinale dominierten sie die Konkurrenz. Auch die internationalen Kommentatoren von World Rowing waren beeindruckt: „Schau dir die Deutschen an, die rudern fast wie Maschinen. Hier gibt es keinen Zweifel, wer das Rennen gewinnen wird.“
Das Finale wurde zum krönenden Schaulaufen für die Crew um Bugmann Cornelius Conrad. Schon am Start setzten sie sich an die Spitze des Feldes und bauten ihre Führung kontinuierlich aus. „Sie haben ihren Gegnern nicht einmal den Hauch einer Chance gegeben. Sie haben nicht einmal den Gedanken zugelassen, sie wären angreifbar.“ Mit einem Zwinkern fügt die Bootstrainerin Claudia Herpertz hinzu: „Das war wirklich cool zu sehen und schon fast ein bisschen langweilig von der Seite zuzuschauen.“
Cornelius Conrad freut sich über den Weltmeistertitel mit seiner Mannschaft: „Das war alles absolut überwältigend. Ich bin so stolz auf unser Team. Als Erste über die Ziellinie zu fahren und dann die deutsche Nationalhymne zu singen gemeinsam mit den vielen mitgereisten Fans, Freunden und Familien. Das waren einfach großartige Momente.“
„Ein haarscharfes Rennen“
Wesentlich spannender als der Doppelvierer war das Rennen im Juniorinnen-Achter. Nike Versace (Hamburg), Melina Lindenmuth (Mannheim), Leonie Goller (Friedrichshafen), Leni Kötitz (Potsdam), Sara Grauer (Münster), Klara Oenings (Sorpesee), Florentina Riffel (Potsdam), Alina Krüger (Kappeln) und Steuerfrau Emma Lauri Mehner (Dresdner Ruder-Club 1902 e.V.) lieferten sich das gesamte Rennen über einen Bug an Bug Kampf mit dem Boot aus Rumänien. Auf den letzten 500m ging es dann um alles und es kamen sogar noch die eigentlich schon etwas distanzierten Boote aus Großbritannien und den USA auf. Auf einmal entwickelte sich ein Kampf von vier Booten um die drei Medaillen. Für die Zuschauer fast nicht zu erkennen, war es schließlich Großbritannien, die die Bugspitze vorne hatten. Gerade einmal 9 Hundertstel vor dem deutschen Boot, die sich wiederum mit 5 Hundertstel vor Rumänien auf Silber retteten. Dem Boot aus den USA blieb nur wenige Hundertstel dahinter der vierte Platz.
„Mit 4 Booten innerhalb von 0,24 Sekunden, ein absolut haarscharfes Rennen. Das hätte so oder so ausgehen können. Eine starke Leistung des Teams, dass es noch zu Silber gereicht hat.“ freut sich Claudia Herpertz gemeinsam mit ihrem Schützling Emma Lauri Mehner.
„Vielleicht wäre sogar noch mehr drin gewesen“
Auch der Junioren-Achter holte Silber bei der diesjährigen Weltmeisterschaft. Franz Rudolph (Dresdner Ruder-Club 1902 e.V.), Tom Olbrich (Dresdner Ruderverein e.V.), Lasse Junge (Hamburg), Leo Fischer (Bremen), Moritz Müller (Magdeburg), Bilal Hamini (Eberbach), Jannes Korthals (Magdeburg), Daniel Hopf (Münster) und Steuermann Sadeepa Jagoda (Minden) kämpften bis zum Schluss, mussten sich aber den unheimlich starken Jungs aus Großbritannien geschlagen geben.
Die Dresdner Stützpunkttrainerin Claudia Herpertz hätte sich einen engeren Rennausgang gewünscht: „Die Jungs haben die Briten leider etwas zu zeitig wegfahren lassen. Vielleicht wäre sonst am Ende sogar noch mehr drin gewesen. Dennoch haben sie das super gemacht. Ich bin sehr glücklich, dass Franz und Tom beide mit einer Silbermedaille von der JWM nach Hause fahren.“
Franz Rudolph, Bugmann im Achter, war überglücklich: „Ich war überwältigt von den Gefühlen, die mich am Siegersteg plötzlich erfüllt haben. Ich bin einfach unheimlich dankbar für alles, für alle Menschen, die mich bis hier hinbegleitet haben und natürlich für meine Mannschaft.“
„Sie haben unsere Erwartungen übertroffen“
Nach ihrem Sieg im Hoffnungslauf ruderten die Juniorinnen des Vierers ohne Steuerfrau auf den 4. Platz. Nach einem verhaltenen Start sammelten Helena Wegener (Berlin), Stina Steffen (Hamburg), Viola Heidacher (Halle /Saale) und Lilly Waske (Dresdner Ruder-Club 1902 e.V.) nochmal alle ihre Kräfte und konnten die Schweizerinnen und Französinnen hinter sich lassen. Am Ende fehlten zum Podest leider mehr als 3 Sekunden.
Claudia Herpertz lobt die Entwicklung der Mannschaft: „Wenn man knapp an den Medaillen vorbeifährt, ist die Enttäuschung erstmal groß. Aber letztlich haben sie unsere Erwartungen aus Trainersicht sogar übertroffen. Im Vergleich der Ergebnisse der Relationsrennen im abschließenden Trainingslager haben sich die Mädels sehr gut weiterentwickelt. Sie können stolz auf sich sein, hier mit einem 4. Platz nach Hause zu fahren.“
„Ich bin stolz auf das gesamte Team“
„Die äußeren Bedingungen und ständigen Verschiebungen waren natürlich eine Herausforderung. Diese hat das gesamte Team allerdings sehr gut gemeistert und sich dann heute auch mit starken Rennen belohnt. Sieben Medaillen sind ehrlich gesagt doch mehr, als ich noch vor ein paar Tagen für möglich gehalten hätte. Von daher bin ich sehr zufrieden. Insbesondere aber mit dem Rennverhalten der meisten deutschen Boote. Wir ließen uns auch von schnellstartender Konkurrenz nicht aus der Ruhe bringen und fuhren unseren Rhythmus und unsere Rennen – was sich dann oft im Ziel auszahlte. Ich bin stolz auf das gesamte Team.“, erklärt U19-Bundestrainer Adrian Bretting im Nachgang.
Ein was Gutes hat die Verschiebung auch. Am Sonntag bleibt noch Zeit für einen gemeinsamen Ausflug nach Paris bevor es am Montag wieder gen Heimat bzw. in den wohlverdienten Urlaub geht.
Claudia Herpertz richtet derweil schon den Blick auf das kommende Jahr: „Ich bin schon gespannt, wie sich die Jungs und Mädels im kommenden Jahr im U23-Bereich präsentieren. Hoffentlich sehen wir sie dann auch schon nächstes Jahr bei der Kombi-WM der U23 und U19 in Kanada wieder.
Fotos: DRV/ Seyb und meinruderbild.de/derlien
Quellen: rudern.de und worldrowing.de