Werner Riemann, genannt „Fülle“, heute 83 Jahre alt, wurde 1938 geboren, wuchs in Haldensleben bei Magdeburg auf und kam zur Ruderausbildung und zum Studium der Sportwissenschaften nach Leipzig, wo er bis heute lebt.
Fülle war in seiner sportlichen Karriere bei der DHfK Leipzig 1967 Vize-Europameister im 2+ (Riemenzweier) und hat im selben Jahr mit dem DHfK-8+ (Riemenachter) das Grand-Challenge-Rennen in Henley gewonnen.
Nach seiner Zeit als aktiver Ruderer war er als Ruderlehrer bei der Universität Leipzig für die Ruderausbildung im Studentensport verantwortlich. Ab den 1970er Jahren engagierte er sich für Nachwuchsruderer und vor allem ehemalige Leitungssportler und organisierte in der notdürftig instandgesetzten Ruine des Bootshauses der akademischen Ruderschaft wieder einen regelmäßigen Ruderbetrieb und vor allem ein intensives, geselliges Vereinsleben.
Damit wurde, dank Fülle, informell die Aktivität und Geschichte des Vorkriegsvereins fortgesetzt.
Nach der Wende 1990 wurde der Verein als akademischer Ruderverein zu Leipzig e.V. wiedergegründet; rein formal war Gerald Saalfeld der erste Präsident des damaligen 7-Mann Vereins; Fülle war damals noch bei der Universität Leipzig angestellt. Das schloss ein Engagement für den neuen Verein vorerst aus. Praktisch war Fülle von Anfang an die treibende Kraft im Aufbau des Vereins und ab 1991 auch „richtiger“ Präsident des Vereins. Die frühe formelle Wiedergründung und der Nachweis der kontinuierlichen sportlichen Vereinstradition ermöglichten die vermögensrechtliche Zuordnung des historischen Bootshausgeländes als Vereinsgelände zur Stadt Leipzig und bildeten die faktische Grundlage für den Aufbau des Akademischen Rudervereins zu Leipzig e.V.
Unter Fülles Ägide wurde der Verein aus einer ehrenamtlich organisierten Trainingsgemeinschaft zum aktivsten und mitgliederstärksten Verein Leipzigs. Er organisierte neben den vorhandenen Trainingsgruppen aus „gelernten“ Ruderern in seiner Präsidentschaft eine erfolgreiche Kinder-Rudergruppe. Er war selbst als Trainer sowohl in verschieden Betriebssportgruppen (Herzzentrum Leipzig) als auch in einer großen Quereinsteiger-Nachwuchsgruppe engagiert. Damit gelang es ihm, den Verein schnell als feste Größe in der Sportstadt Leipzig zu positionieren.
Eine herausragende Leistung (ohne die der Verein wohl heute nicht mehr existierte) war der Neubau des Bootshauses in den Jahren 1996 bis 1998. Das Vereinsleben fand bis 1995 in den seit 1946 mit einem Notdach gedeckten Bootslagern des ansonsten kriegszerstörten Bootshauses der akademischen Ruderschaft statt. Die Hallen verfügten weder über einen Medien- noch über einen Kanalanschluss, sodass die Nutzung 1995 untersagt wurde.
Werner Riemann überzeugte mit ungeheurem persönlichem Engagement die damals etwa 100 Vereinsmitglieder davon, für mehr als ein Jahr auf das Training zu verzichten und stattdessen in unzähligen Arbeitseinsätzen gemeinsam das heutige Bootshaus zu errichten. Die Fördermittel des Landes genügten gerade für die Rohbauarbeiten; nahezu alle weiteren Arbeiten wurden in Eigenorganisaton von den Mitgliedern unter Fülles Leitung erbracht.
Krönender Abschluss des Bootshausbaus war im Jahr 2000 das zentrale Anrudern zum deutschen Rudertag, das in Leipzig stattfand. Seitdem wuchs der Verein kontinuierlich. Der Vorstand des DRV tagte mehrfach im Bootshaus des ARVL und der Verein erfreut sich eines regen sportlichen und geselligen Lebens seiner Mitglieder. 2008, im Jahr seines siebzigsten Geburtstages, übergab Fülle den Vereinsvorsitz in jüngere Hände.
Er wurde in Anerkennung seiner Verdienste zum ersten Ehrenvorsitzenden des akademischen Rudervereins zu Leipzig e.V. gewählt.
Inzwischen ist der ARVL der größte Ruderverein Leipzigs und mit 240 Mitgliedern der zweitgrößte Verein Sachsens. Bis heute trainiert Fülle Riemann ehrenamtlich seine Herzzentrums-Trainingsgruppe und jedes Jahr neue Quereinsteiger-Nachwuchsgruppen. Zugleich ist er weiterhin aus dem geselligen Vereinsleben nicht wegzudenken: Er organisiert als „Häuptling der alten Ruderrecken“ regelmäßig die Treffen der ehemaligen Leistungssportler und seit mehr als fünfzig Jahren die traditionelle Harzwanderung des Vereins im Oktober jeden Jahres.
Der Erhalt der Tradition der akademischen Ruderschaft über die DDR-Jahre und der Wiederaufbau des Vereins nach der Wende ist Werner Riemanns großes persönliches Verdienst. Für besondere langjährige und ehrenamtliche Tätigkeit im Rudersport wurde Werner Riemann die goldene Ehrennadel des Deutschen Ruderverbands e.V. verliehen. Überreicht wurde die Ehre von Siegfried Kaidel, dem ehemaligen Präsidenten des DRV, anlässlich des feierlichen Anruderns des Akademischen Rudervereins zu Leipzig e.V.
Bericht: Anne Schieck (Referat Öffentlichkeitsarbeit des Akademischen Rudervereins zu Leipzig e.V.)